von Richard Guth

Mit diesem Zitat von Ingomar Senz beendete Dr.-Ing. Georg Kramm, der Vorsitzende der Jakob Bleyer Gemeinschaft, seine Festansprache, die er am 22. September 2018 anlässlich der Jubiläumsfeier vom Verein und Blatt im Budapester Stadtarchiv hielt. Der Veranstaltung sind die Vertreterinnen der österreichischen und schweizerischen Botschaft, Dorothea Geszler und Dora Hambuch-Huszti, die Repräsentanten der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU), Ibolya Englender-Hock und Zoltán Schmidt, MdP Dr. Koloman Brenner, Manfred Mayrhofer  in Vertretung des Landesrates und des Weltdachverbandes der Donauschwaben, Vertreter der ungarndeutschen Medien (Neue Zeitung, Unser Bildschirm) sowie Repräsentanten des VDH Budapest, JBG-Vereinsmitglieder, Vorstand und Interessenten  beigewohnt.

Vereinsvorsitzender Dr. Kramm eröffnet die Veranstaltung

Dr. Kramm wagte in seiner Ansprache einen persönlichen Rückblick, eine Bestandsaufnahme und einen Blick in die Zukunft. Der Vorsitzende räumte ein, dass die Ungarndeutschen zwar angesehene Mitglieder der ungarischen Gesellschaft seien, aber meistens als madjarisch-patroitische Staatsbürger, was unter anderem darauf zurückzuführen sei, dass sie schon immer, aber besonders nach dem Zweiten Weltkrieg, die assimilationsfreudigste Minderheit des Landes gewesen seien. „Die ungarndeutsche Kultur ist am Verschwinden, viele sind der Meinung, dass alles bereits vorbei wäre”, unterstrich Kramm. Im Einzelnen wies der Vereinsvorsitzende auf die Assimilierung in den traditionellen deutschen Dörfern und das Verschwinden der Mundarten, was zur Fragmentierung der Alltagskultur führe, hin. „Die zweisprachigen Schilder ersetzen nicht die deutschen Menschen”, bemerkte er kritisch. Genauso wenig ersetzten Singen und Tanzen die fehlende Sprache, in einer Zeit, in der sich die ungarndeutsche Kultur immer mehr zu einer „Bühnenkultur” entwickelt hätte. Auch im Schulwesen herrsche nach Worten von Dr. Kramm große Not: „In den meisten so genannten Nationalitätenschulen wird Deutsch als Fremdsprache, in vielen Fällen ungarisch unterrichtet. Selbst die Deutschlehrerinnen in den Schulen sprechen miteinander fast nur ungarisch.” Ein weiteres Problem wäre, dass die überall präsenten deutschen Selbstverwaltungen fast nur Verwaltungsaufgaben erfüllen würden, und dies fast nur einsprachig ungarisch: „Die ungarische Politik schenkte uns mit einer großzügigen Geste ein Minderheitengesetz, und es entstanden die Minderheitenselbstverwaltungen. Zunächst schien das etwas Fortschrittliches in der Nationalitätenpolitik zu sein. In der Wirklichkeit stellte sich heraus, dass dieser gesetzliche Rahmen überhaupt keine antiassimilatorische Wirkungskraft aufweisen kann. Man verwaltet in diesem Rahmen den assimilierten Zustand und die Prozesse der Assimilierung selbst, was notwendigerweise eine weitere Beschleunigung der Assimilation bedeutet.” Dabei stellte sich Dr. Georg Kramm die Frage, was man unter diesen Umständen noch tun könnte, und betonte die Notwendigkeit der Entstehung einer deutschen Intelligenz, in eigenen deutschen Schulen ausgebildet, die sich für die Belange der Nationalitäten einsetzen sollte. Auch Verbesserungen im Nationalitätengesetz mahnte der Vorsitzende an, wobei es letztendlich darauf ankomme, dass man den eigenen Werten treu bleibe und nicht den breiten Weg der Assimilierung beschreite. „Möge die Jakob Bleyer Gemeinschaft, unser Verein, eine Sammelstelle, ein Hinterland von denen sein, die sich vor allem durch den Spracherhalt für die Identitätsbewahrung der Ungarndeutschen einsetzen wollen”, resümmierte der Vorsitzende.

Prof. Dr. Bradean-Ebinger über die Geschichte der JBG

Im Anschluss an die Festrede blickte Prof. Dr. Nelu Bradean-Ebinger auf die Vergangenheit des Vereins zurück, zumal der aus dem Banat stammende Germanist zu einem der Gründungsmitglieder gehört. Neben der Schilderung der schwierigen Entstehungsumstände des neuen Vereins ging er auch auf dessen Zielsetzungen und seine persönlichen Eindrücke ein. Als Vertreter der jungen Generation sprach Vorstandsmitglied und Sonntagsblatt-Redakteur Patrik Schwarcz-Kiefer über die Zukunftsaufgaben des Vereins als Mammutaufgaben, die wir mit gemeinsamem Engagement bewältigen könnten, für ein „Ungarndeutschtum des 21. Jahrhunderts”. Das junge Vorstandsmitglied begrüßte den Erfolg der Minority Safe Pack-Initiative, die einer weiteren Intensivierung der Kontakte zu den Deutschen im Karpatenbecken beitragen könnte. Schwarcz-Kiefer betonte, dass man im Rahmen konstruktiven Dialogs immer mehr Menschen dafür gewinnen sollte, die deutsche Sprache im Alltag zu verwenden und an die nachfolgenden Generationen zu übergeben. Eine Schlüsselrolle käme auch bei Schwarcz-Kiefer der Intelligenz zu, bei ihm bürgerlich geprägt. Im Weiteren hob der Sonntagsblatt-Redakteur die Rolle der Medien hervor, hier hätte sich das Sonntagsblatt unter anderem dank den Aktivitäten in den sozialen Medien in den letzten Jahren stets weiterentwickelt. Manfred Mayrhofer, in Vertretung des Landesrates Ungarndeutscher Chöre, Kapellen und Tanzgruppen und des Weltdachverbandes der Donauschwaben, begrüßte die Anwesenden und wünschte weitere erfolgreiche Jahre für JBG und SB. Er weiß, wovon er sprach: Mayrhofer war vor einigen Jahren selbst Mitarbeiter von JBG und Sonntagsblatt, bevor er Chefredakteur des Landesratforums wurde.

Patrik Schwarcz-Kiefer, sein Thema: die ungarndeutsche Zukunft

Im Rahmen des Festaktes wurden zwei Preise überreicht: Den Jakob-Bleyer-Preis erhielt der Gründer und Ehrenvorsitzende des Vereins, Georg Krix, der in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag feiert. Der Géza-Hambuch-Preis ging an die Valeria-Koch-Preisträgerin und Vorsitzende des GJU-Freundeskreises Budapest, Loretta Wagner, die unter anderem durch die Svung-Initative von ungarndeutschen Jugendlichen bekannt wurde. Für gute Laune sorgten die UBZ-Absolventin und Studentin Sara Schauer aus Nadwar, die eine Mundartgeschichte vorgetragen hat, und die Kapelle Klani Hupf, mit der das Sonntagsblatt vor einigen Monaten ein Interview geführt hat (In kleinen Schritten zum Erfolg, SB 02-2018). Die Veranstaltung wurde von der Andrássy-Masterstudentin Viktoria Göbl moderiert.

Die Musikkapelle ‚Klani Hupf‘

 

Bildmaterial: Richard Guth